„Jeder kennt die langgestreckten Laubgänge, die sich unter dem Namen ‚Poetensteige‘ in allen altfranzösischen Parkanlagen vorfinden. Ein solcher Poetensteig ist nun der Kanal, der eben jetzt in seiner ganzen Länge vor uns liegt, und ein niedriges und dicht gewölbtes Laubdach über uns, so gleiten wir im Boot die Straße hinauf, die nach Art einer Tute sich zuspitzend an ihrem äußersten Ausgang ein phantastisch-verkleinertes und nur noch halb erkennbares Pflanzengewirr zeigt. Alles in einem wunderbaren Licht…“
Besser als mit den Worten Theodor Fontanes lässt sich der Zauber des Spreewalds mit seinen Hunderten von Fließen und Kanälen kaum beschreiben. Besonders zauberhaft, da bin ich mit dem Dichter einig, ist das Wasserlabyrinth im Hochwald zwischen Lübbenau und Straupitz. Fontane bewegte sich im August 1859 im Flachkahn das verwunschene Nordfließ hinauf, ich radele den schmalen Pfad unmittelbar am Ufer entlang und schiebe, wo der Schlamm allzu tief ist. Kaum ein Wanderer, kaum ein Paddler kreuzt meinen Weg, nur das satte Schmatzen fallender Kastanien und Eicheln beim Durchschlagen der Wasseroberfläche unterbricht gelegentlich die Stille.
Wo Nordfließ sich und Groß’ Fließ küssen, war für Fontane damals die Reise zu Ende: Im Gasthaus Eiche tischte die freundliche Wirtin Frau Schenker dem Dichter einen Hecht auf, der offenbar mit allerlei Trinksprüchen zum Schwimmen gebracht wurde: „Die Leber ist von einem Hecht und nicht von einer Schleie, / der Fisch will trinken, gebt ihm was, dass er vor Durst nicht schreie.“
Die Eiche gibt es heute noch. Meine „Frau Schenker“ heißt Uschi und arbeitet als Aushilfe im zu dem Waldhotel gehörenden Kiosk. Kaffee kochen, Würstchen heiß machen, Paddelboote herausgeben, das sind ihre Aufgaben. Mit einer Festanstellung wird es mit ihren beinahe 60 Jahren wohl nichts mehr werden, meint Uschi. Allzu große Sorgen scheint dies der sympathischen Frau mit dem ansteckenden Lachen nicht zu bereiten. Sie ist es gewohnt zu improvisieren, hat gekellnert, Zeitungen ausgetragen und allerlei Früchte zu Marmelade und Likören verarbeitet. Hat auf der Maschine Pullover gestrickt – wenn es sein musste Tag und Nacht. Das war noch zu DDR-Zeiten. Der Erlös floss in Ersatzteile für den Trabi und was die Familie sonst noch so brauchte.
Der Kaffee ist ausgetrunken. Ich lasse Uschi und Theodor Fontane in der Eiche zurück und mache mich auf die Suche nach weiterem Spreewald-Zauber. Entlang der schmalen Allee zwischen Hauptspree und Leiper Weggraben werde ich noch einmal so richtig fündig:

