Zuletzt war ich vor ziemlich genau einem halben Jahr am Schaalsee gewesen, an einem strahlend-sonnigen Sonnabend im März. Ich parkte mein Auto wie meist in einem Dörfchen etwas außerhalb im Südosten des Sees und wanderte am Ufer des Boissower und des Neuenkirchener Sees Richtung Norden bis nach Lassahn und von dort wieder zurück, so nah am Ostufer des Schaalsees wie irgend möglich. Das ist mal mehr, mal weniger nah.
Bis 1990 teilte die innerdeutsche Grenze den 24 Quadratkilometer großen See. Das Ostufer lag im Grenzsperrgebiet der DDR. Profiteur der jahrzehntelangen Abgeschiedenheit war die Natur, die sich hier nahezu unberührt entwickeln konnte. Heute liegt der Schaalsee auf der Landesgrenze von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein und ist Teil des gleichnamigen UNESCO-Biosphärenreservats.
Ich erinnere mich, dass die Bürgersteige in Lassahn hochgeklappt waren an jenem sonnigen Sonnabend im März. Kein Mensch war auf der Straße zu sehen. Das Café Landtag geschlossen, vielleicht für immer.
Nicht einmal der Dorfgasthof neben der Kirche hatte geöffnet. Vom rückwärtigen Café-Garten bietet sich ein weiter Blick hinab zum See. Den kann man natürlich auch genießen, wenn man sich auf eine der Bänke auf dem Friedhof hinter der Kirche setzt.
Ich erinnere mich, dass ich dachte: So also sieht ein Ort aus, wenn Ausgangssperre herrscht. Das lag in der Luft. Damals. Vor einem halben Jahr.
Ein Stück weiter, an der lauschigen Badestelle bei Techin, wo im März natürlich noch niemand badete, tauschte ich ein paar Worte mit einem Paar von außerhalb. Wir strahlten uns an, gleichermaßen beseelt von dem schönen Ort und dem herrlichen Wetter. Das muss man ausnutzen, sagten wir zueinander, wer weiß, wie lange wir noch so raus können.
Raus konnten wir Hamburger zum Glück weiter, aber nicht mehr überall rein. Nicht nach Schleswig-Holstein und nicht nach Mecklenburg-Vorpommern, nicht einmal zum Spazierengehen. Das machten uns die Nachbarn mit zum Teil wenig freundlichen Worten und Taten über Wochen mehr als deutlich. Davon soll hier nicht weiter die Rede sein, ich mag mich nicht am Gräben-Graben beteiligen. Und meine Liebe zu den schönen Orten in der Umgebung, die möchte ich mir ohnehin von niemandem kaputtmachen lassen.
Zum ersten Mal in all den Jahren war ich nun über Nacht am Schaalsee. Die Bürgersteige dort werden mancherorts beziehungsweise zu manchen Zeiten immer noch hochgeklappt, selbst im belebten Zarrentin. Öffnungszeiten zu checken, bevor man sich auf den Weg macht, empfiehlt sich immer. Oder: Picknick einpacken. Einen Platz am Wasser suchen. Und dann: Seele baumeln lassen…
Die Fotos in diesem Beitrag stammen zum Teil von meinem Ausflug vor einem halben Jahr, zum Teil aus dieser Woche.