Hinter der Waterkant

Ein Hamburg-Besuch ohne Aufenthalt im Hafen ist möglich, aber sinnlos. Schiffe gucken, Fischbrötchen essen, unbestimmt geradeaus schauen und die Gedanken schweifen lassen: Glück kann sehr machbar sein. Aber auch hinter der Waterkant lässt es sich herrlich stromern.

P1030148Was es da zu sehen gibt? Hasen zum Beispiel. Der 30er-Jahre-Backsteinbau an den Landungsbrücken war ursprünglich ein Wohnhaus für Arbeiter vom Strom- und Hafenbau. Dann stand das Gebäude jahrelang leer, bis die Malerin Tina Oelker mit Atelier und Hasenmanufaktur einzog. 1000 Hasenbilder, das war die Idee. Jetzt nähert sich das Projekt seinem Ende, und auch die Tage des alten Hauses sind gezählt.

P1030893Die Künstlerin wird sich eine neue Bleibe suchen und neue Aufgaben. Wohin die Reise gehen wird, weiß sie noch nicht so genau, aber sie freut sich darauf. „Wahrhaftigkeit, Freiheit, Verantwortung“ hat sie erst einmal in großen Buchstaben auf die Mauern geschrieben – da, wo noch vor wenigen Tagen ein weißer Hase hoppelte.

P1030889Gleich um die Ecke geht es hinauf zu Hamburgs einzigem Weinberg, einem Geschenk des Stuttgarter Weindorfs, das jedes Jahr im Herbst in der Hansestadt zu Gast ist. An ein paar Dutzend Weinreben reifen Trauben für den Hamburger Stintfang Cuvée, der den schwäbischen Schillerweinen nachempfunden sein soll – leicht und trocken, säurebetont und wegen der meernahen Lage auch etwas würzig.

P1030890Der Wein ist eine solche Rarität, dass nur Ehrengäste der Stadt in seinen Genuss kommen. Alle anderen müssen sich mit nahen Blicken auf die Trauben und weiten über den Hafen begnügen. Das ist auch toll.

P1030108Wer in Hanglage weiter Richtung St. Michaelis spaziert, muss schon bald auf den Elbblick verzichten. Dafür ist es dort herrlich schattig – eine Wohltat bei den tropischen Temperaturen dieses Sommers. Und zumindest Großwüchsige finden auch die passende Sitzgelegenheit zum Verweilen.

P1030900Weil ich keine Lust zum Beineschlenkern habe, steige ich wieder ab zum Portugiesenviertel. Auf einen Café Galão und eines dieser Cremetörtchen mit Suchtpotenzial. Und anschließend auf einen kleinen Völkerverständigungsstreifzug. Bei Heidi und Renato scheint mir die Sache einigermaßen klar zu sein.

P1030911Aber ist der Blick der Balkonbewohner nun weltwärts gerichtet, wie die Wimpel vermuten lassen, oder prallt er gegen die grüne Absperrung dahinter?

P1030125Den weitesten Weg hat jedenfalls der Vulkanstein von der Osterinsel hinter sich, aus dem einheimische Künstler einen Moai namens „Angelito“ gefertigt haben. Das „Engelchen“ lässt sogar den Michel ziemlich klein aussehen.