Dass ein Seemann zwar kein Kind von Trrrraurigkeit, aber kaum für die Trrrreue gemacht ist, wissen wir spätestens, seit Hans Albers La Paloma, die Taube, besang:
Auf, Matrrrrosen, ohé! / Einmal muss es vorbei sein / Nur Erinnerung an Stunden der Liebe / Bleibt noch an Land zurück. / Seemanns Brrrraut ist die See / Und nur ihr kann er trrrreu sein…
Für die zwischenmenschliche Treue war, wenn überhaupt, die Braut an Land zuständig. Auf die Treueste unter den Treuen stieß ich kürzlich vor dem Haus der Schiffszimmerer-Genossenschaft in Hamburg-Winterhude. Die namenlose Kaufmannstochter hatte sich in alten Zeiten einem jungen Schiffszimmerer versprochen, wie es so schön heißt. Ihr Vater wollte die Ehe jedoch erst zulassen, wenn der Bräutigam sich auf See bewährt hatte. Es kam, wie es kommen musste: Gleich auf seiner ersten Fahrt fand der junge Mann den Seemannstod. Seine Braut blieb ihm treu und starb als Jungfrau. Ihr zu Ehren brachten die Schiffszimmerer ihr Standbild an einem Haus in der Hamburger Speicherstadt an und schmückten es mit einem Kranz, wenn sie mit festlichen Reden der Jungfrau und ihres Verlobten gedachten. 1684 wurde das Kranzhaus durch Feuer zerstört. Ein Jahr später errichtete es das Schiffbauamt neu. 1888 musste es Hamburgs Zollanschluss an das Deutsche Reich weichen. 1930 schließlich baute die Schiffszimmerer-Genossenschaft das Haus in der Großheidestraße in Winterhude. Die Kaufmannstochter, ein Schiffsmodell fest in beiden Händen, scheint von ihrem luftigen Ausguck noch heute nach dem toten Liebsten Ausschau zu halten.
Auf meinem Spaziergang traf ich übrigens nicht nur die treue Seemannsbraut sondern im benachbarten Barmbek außerdem noch eine „Träumende“ (vor der Baugenossenschaft Dennerstraße)…
… sowie zwei „Terracottajungfrauen“ (am Eingang zum Daniel-Bartels-Hof). Alle vier waren meiner Aufmerksamkeit bis dahin total entgangen.
Bei so viel holder Weiblichkeit war ich wirklich froh, am Ende, schon an der Grenze zum Stadtteil Dulsberg, auch noch auf das passende Mannsbild zu stoßen: einen waschechten Schiffszimmerer vor dem Heinrich-Groß-Hof am Pinelsweg.