Kölsche Begegnungen

P1140099Vor der Kirchenmauer fährt eine junge Frau den rechten Arm aus für das obligatorische Selbstbildnis. Am linken baumelt körpernah ein roter Taschenschirm wie ein Faltenröckchen. Wächter mit Kopfhörern im Ohr entsorgen abgebrannte Kerzen. Auch sie rot-berobt und routiniert: Domschweizer. Bei uns im Norden nannte man früher die Melker nach den Eidgenossen: Stallschweizer.

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Zwei Laugenstangen mit Kürbiskernen, bitte! Die Verkäuferin schaut die Ware an, dann mich: Ich lasse sie Ihnen billiger, da sind ja kaum Kerne drauf. – Das Ticket für die Stadtbahn gibt es gleich nebenan im Kiosk. Musse noch entwerten, ruft mir die dralle Blondine hinter dem Tresen nach.

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Der Melaten-Friedhof hat an diesem Tag zwei Mauern – vor der steinernen noch eine locker-bewegte aus Polizistenkörpern. Werden hier eigentlich nur Promis beerdigt? frage ich den Uniformierten am Haupteingang. Nä, dat es für jeden, für Promis, für Sie, für mich, sojar für Düsseldorfer. – Ömesöns es dä Dud.

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11 Kommentare zu “Kölsche Begegnungen

  1. Herrlich! Ich sehe sogar eine gewisse Ähnlichkeit im Gesichtsausdruck von Mädchen und Madonna. Und Licht- und Schattenspiele auf alten Grabsteinen liebe ich sehr…

    • Jetzt, wo du es schreibst, sehe ich die Ähnlichkeit auch… es scheint, als befänden sich beide in einer Art Blase, die sie – wenn auch aus sehr verschiedenen Motiven – von der Außenwelt trennt. Gar nicht so unähnlich auch dem Gefühl, das sich beim Gang über einen alten Friedhof einstellen mag.

  2. Als ich in den Siebzigern nach Westfalen kam, lernte ich als erstes jemanden kennen, der nannte sich selbst einen Schweizers. Und das stand für den Beruf des Melkers.

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