Immer den Schatten nach

P1030483P1030225„Sorgen Sie dafür, dass die Schatten vor Sie fallen“, riet mir der nette Typ, den ich nach dem rechten Pfad Richtung Highgate gefragt hatte. Nein, das war nicht der Flaggenmann. Der soll nur anzeigen, dass es immer noch um London geht. Als Emblem einer Miniserie „Rule Britannia“ sozusagen. Heute: Hampstead Heath und der Friedhof von Highgate.

P1030434Ich hatte gerade die letzten entzückenden Schriftsteller-, Architekten-, Musiker-, Wissenschaftler- und so weiter Häuser georgianischen Stils in dem Bilderbuch-Örtchen Hampstead hinter mir gelassen, John Keats‘ „Ode an eine Nachtigall“ noch halb im Ohr, war unter uralten Bäumen zwei, drei Mal abgebogen, weil es hinter der nächsten Ecke ganz besonders verlockend aussah – und hatte auch schon jede Orientierung verloren. Wenige Kilometer nördlich vom Trafalgar Square, man mag es kaum glauben. Da kam der Tipp mit der Sonne gerade recht. Vollkommen entspannt streifte ich fortan durch die weite Landschaft von Hampstead Heath wie einst der Dichter Keats. Querfeldein durch Wald, Wiesen und die namensgebende Heide, hügelauf und hügelab, immer dem eigenen Schatten nach.

P1030338Auf der anderen Seite des Parks erwartete mich noch so ein Ort für die Seele: der alte Friedhof von Highgate. Karl Marx liegt dort begraben. Die überlebensgroße Büste ist nicht zu übersehen. Am Sockel ein frischer Strauß elfenbeinfarbener Chrysanthemen, daran ein Zettel mit dem handschriftlichen Hinweis „Für Karl Marx“. Etwas revolutionärer hätte die WahlP1030353 der Blumen ruhig ausfallen dürfen, finde ich. Wieviel inspirierender dagegen der Schmuck am Grab von Douglas Adams („Per Anhalter durch die Galaxis“): ein Gefäß prall voll mit Kugelschreibern. Ja, in Highgate fanden einige die letzte Ruhe, die sich mit irgendetwas einen Namen gemacht haben. Aber bei den vielen „Namenlosen“ abseits der Hauptwege war es fast noch schöner. Hätte mich nicht gewundert, plötzlich kleine Trolle über die Lichtinseln zwischen den verwitterten Steinen hüpfen zu sehen…