
Dass Tulpen eine wunderbare Projektionsfläche für Gefühle abgeben können, spürte ich, als ich einmal eingeladen wurde, wie eine Tulpe zu tanzen. Ich habe hier schon davon erzählt.

Einen Reigen ganz eigener Art führte ein Strauß der leuchtenden Frühlingsboten jetzt in meinem Arbeitszimmer auf. Kaum hatte ich die Stängel beschnitten und in einer frisch mit Wasser gefüllten Vase drapiert, schienen sie auch schon wie von unsichtbaren Kräften angetrieben nach außen zu streben. Den Sitzen eines Kettenkarussells gleich schwebten die Blüten um den Rand der Vase.

Am nächsten Tag hatten die leuchtenden Gefährte ihren Radius noch einmal merklich vergrößert und begannen – den Gesetzen der Schwerkraft folgend – Stück für Stück Richtung Boden zu sinken. Ich griff erneut zum Messer, doch die Tulpen ließen sich nicht von ihrem Weg abbringen. Auch mit gekürzten Stängeln wollten sie partout nicht in die Höhe wachsen, nur immer nach außen. Weiter. Und weiter.

Sie spielten mit Licht und Schatten. Sie übten Landeanflüge.

Und immer noch suchten sie die Weite. Noch im Verblühen, als sie schon einen Großteil ihrer Farbe und Spannkraft eingebüßt hatten, gaben sie nicht einen Zentimeter Raum auf. Die Sehnsucht, sie schien nicht kleiner geworden zu sein.

Aus Alt macht Neu. Verstopfte Poren beschnitten Neue Adern nehmen das Lebenselexier wieder auf so entsteht neues Leben.
Eine wunderschöne Tulpenstudie ist das. Auch mich begeistern der Eigenwille, die Eleganz und die Dynamik der Tulpenblüten. Nicht umsonst heisst eine holländishce Redewendung: „Eine Tulpe ist immer würdevoll.“
Lieben Gruss ins Wochenende,
Brigitte
Danke fürs Mitschwingen, liebe Brigitte. Über die Charakterisierung der Tulpe als würdevoll denke ich jetzt schon ein Weilchen nach. Das wäre mir nicht als erstes in den Sinn gekommen. Aber es stimmt schon, in einem umfassenden Sinn. So viel Würde liegt in jedem echten Ausdruck. Hab einen schönen Sonntag!
Wohin des Weges? möchte ich da die stillen Gewächse fragen, denen ich eine solche einmütige Entschlossenheit, der nährenden Heimat zu entwandern, irgendwie nciht zugetraut hätte. „In die Weite“, ja, das kann ich verstehen, ein schönes Ziel. Was für ein Foto von der suchenden Kreatur, liebe Maren, sensationell, gratuliere!
Danke schön, lieber Michael! Ich habe ja den Verdacht, dass Tulpen nicht nur eigensinnig-kraftvoll sondern auch sehr feinfühlig sind und die von ihren Mitbewohnern ausgehenden Schwingungen aufnehmen. 😉 Herzliche Grüße von Tür zu Tür!